Oberhofen am südlichen Ende der Pfalz zählt 150 Einwohner. Die kurze Hauptstraße endet in Ackerland und Weingärten. Es gibt acht Weinstuben. Ein solches Verhältnis dürfte einmalig in der Republik sein. Das stolzeste Anwesen dort gehört der Familie Wilker: auf der einen Seite der mächtige Gutshof, in vielen Generationen gewachsen, und gegenüber ein neues Gästehaus mit Restaurant und 17 Zimmern. Kraftvoller Mittelpunkt in diesem Reich ist Heinz Wilker, 69 Jahre alt, graubärtig und wohlgerundet. Er ackert nach wie vor in den Reben. Müdigkeit kennt er nicht. Als junger Kerl ging er zum Schrottplatz, machte aus drei kaputten Autos ein ganzes und schlug es mit schmalem Gewinn los. Davon richtete er seinen Keller ein. Gegen den Willen seines Vaters gab er die Landwirtschaft auf und setzte ganz auf Wein. Damals in den Sechzigern brachten süße Huxel- und Bacchus-Spätlesen gutes Geld. Aber spätestens nach der Glykol-Affäre 1985 waren solche parfümierten Lieblichkeiten nicht mehr gefragt. Sohn Jürgen schlug vor, das „alte Gerümpel“ auszuhauen und alte Sorten wie Riesling und Burgunder zu setzen. Um allem Streit aus dem Wege zu gehen, begab sich der Junior auf Wanderschaft, sah sich in Oregon und in Neuseeland um. Nach der Rückkehr studierte er Weinbautechnik. Inzwischen hatte auch der Vater gelernt, dass herbe Klassiker nachgefragt wurden. Er ließ seinen Jürgen gewähren. Heute sagt Heinz Wilker: „Ich kann stolz auf meine Kinder sein.“ Tochter Sonja leitet das Gästehaus. Der Sohn gehört jetzt zur ersten Garde in der Südpfalz. Jürgen Wilker, 40 Jahre alt, groß und kräftig mit unverkennbarem Wuschelhaar, ist bei alledem bescheiden geblieben. Wenn seine Weine gelobt werden, wehrt er ab. Er sei „einigermaßen zufrieden“, aber „das ist noch längst nicht das, was ich mir so vorstelle“. Bei den Weintagen der Südlichen Weinstraße in Landau gab es 49 Grauburgunder zu kosten. Jürgen Wilkers Füllung war die beste. Der ebenso pfiffige wie nachhaltige Wein zeigt alle Aromen, die für diese Rebsorte typisch sind: frisches Brot, Nüsse, Honig, Estragon und Birne. Dank einer kräftigen, wunderbar eingebundenen Säure rollt dieser Grauburgunder frisch, ja rassig über die Zunge. Bei der Nachprobe wurde Seeteufel (Lotte) in Dillsauce mit Basmati-Reis bereitet, in Verbindung mit Wilkers Kunstwerk ein festliches Mahl. Ein Tipp: Von dem Fisch die Ränder abschneiden, den Knochen herausdrücken und in wenig Wasser kochen. Dann den Seeteufel dazugeben, gar dünsten und heraus nehmen. Den Fond abseihen, kräftig einkochen lassen und mit nicht zu knapp Crème fraîche anreichern. Den Fisch in der Sauce wieder erhitzen. Mit Dill nicht sparen.

  • Jahrgang: 2006
  • Rebsorte: Grauburgunder
  • Anbaugebiet: Pfalz
  • Analyse: 12,8% Vol. Alkohol, 7 g Säure, 5,8 g Restzucker (pro Liter)
  • Trinken: bis Ende 2008
  • Winzerpreis: 4,50 Euro

 

Adresse:
Weingut Wilker, Hauptstraße 30, 76889 Oberhofen
Tel.: 063 43/22 02 · Fax: 063 43/43 79
E-Mail: weingut@wilker.de
Homepage: www.wilker.de
Autor: Pit Falkenstein